Bio-Pic 2021, Premiere: 18.11.2021
Auszug: ACT II
ACT II – Wait! Is this a Love-Story?
Und Gott fragt Jonah:
Jonah, hast du eigentlich noch Gefühle?
Und Jonah fragt zurück:
Was hat das denn jetzt eigentlich mit Gefühlen zu tun?
Ich glaube, ich fände es ganz gut, wenn wir meine Gefühle da mal raushalten könnten. Also meine Gefühle… die gehen dich – also da meine ich jetzt dich ganz speziell – ja erstmal nichts an.
Und überhaupt sind Gefühle in der ganzen Unterhaltung ja auch nicht hilfreich! Ganz im Gegenteil, oder? Da werden dann Ebenen aufgemacht… Also, ich will sagen, das ist ja fast schon gefährlich eigentlich… also finde ich!
Und Gott fragt:
Warum machst du es jetzt plötzlich so groß? Ich dachte gerade muss es mal um dich, dich, dich gehen?
Ich dachte du brauchst ein bisschen Me-Time?
War das nicht die Absprache, die wir getroffen haben?
Und jetzt?
Und Jonah so:
Ja was und jetzt?
Und Gott so:
Jetzt frage ich dich, ob du Gefühle hast?
Und Jonah sagt, nach einer Weile:
Ja klar habe ich Gefühle!
Und Gott so:
Und?
Und Jonah so:
Was willst du eigentlich von mir? Also mal so ganz, ganz konkret!
Und Gott so:
Ich glaube, ich wäre schon zufrieden, wenn du einfach mal ehrlich sein könntest…
Und Jonah sagt:
Ey Alter, kein Mensch weiß, was das jetzt bedeuten soll!
Und Gott schweigt…
Und Jonah sagt:
Also willst du jetzt eine Beichte oder sowas? Weil du weißt schon… also…. Das ist jetzt keine unproblematische Situation in die du dich da bringst – also du ganz speziell!
Aber Gott schweigt…
Da sagt Jonah schließlich:
Also gut, dann machen wir das jetzt!
Also ich…
Ich betreibe ständig Selektion!
Ich entscheide ständig, welche Probleme mir gerade wichtig sind und welche nicht und mache das auch ständig davon abhängig, welche Probleme mich überhaupt gerade interessieren und wofür ich die Energie aufwenden will und manchmal, wenn da wieder eine Headline ist, dass wieder was in Afghanistan war, schaue ich mir das an und lasse das nicht an mich ran, nicht weil ich mich gerade nicht damit beschäftigen kann, weil mir das zu viel ist, sondern weil mich das gerade irgendwie langweilt. Und klar habe ich dann ein schlechtes Gewissen, aber das betäube ich dann für gewöhnlich mit irgendwelchem Whataboutism…
Ich gehe wählen und dann verfolge ich aber nicht weiter, was danach passiert, weil ich es nicht unmittelbar verstehe und es mir zu anstrengend wäre, mich da jetzt reinzuarbeiten.
Ich lebe umweltbewusst, aber nur bis zu dem Grad, zu dem es noch bequem machbar ist. An manchen Tagen schaffe ich es gerade so Mülltrennung zu betreiben.
Ich kann vielleicht fünf PoC Autor*innen aufzählen, aber nur, weil mich vor einer Weile mal jemand gefragt hat, ob ich das könnte und mir das dann unangenehm war, dass ich das nicht konnte und ich dann welche nachgeschaut habe, aber gelesen habe ich vielleicht zwei davon.
Pocahontas ist mein zweit-lieblings-Disney-Film mein Lieblingsfilm ist wohl der Glöckner von Notre-Dame in dem ungefähr hundert Mal das Z-Wort verlautet wird und klar bin ich mir über die Fetischisierung und kulturelle Aneignung bewusst, wenn ich mir diese Filme ansehe, aber was sagt das über mich aus, dass ausgerechnet diese Filme meine Lieblingsfilme sind?
Den nächsten Fantastic-Beast Film werde ich auch im Kino anschauen, auch wenn ich an der Oberfläche durchaus finde, dass Joanne K. Rowling für ihr transphobes Verhalten sanktioniert werden muss und dass sie als Autorin viel zu einflussreich ist als dass es so einfach wäre, wie jetzt „Death to the Autor“ erklären zu können aber da ist dann vielleicht das Ende meiner Solidarität erreicht, wenn es plötzlich darum geht Harry Potter zu boykottieren und nicht mehr nur tote, alte, weiße Männer wie Richard Wagner, der mir sowieso am Arsch vorbeigeht, wenn wir ehrlich sind! Und dann fühle ich mich schlecht dabei und dann sitze ich aber im Kino und tauche wieder in diese Welt ein und das macht mir dann einfach so viel Freude – da hast du nämlich deine beschissenen Gefühle!
Und ich glaube um es kurz zu machen, eigentlich suche ich mir ständig raus, wann es mir gerade in den Kram passt aware zu sein oder ich mir das gerade leisten kann und wann es mir den Tag verdirbt und…
Keine Ahnung, weiß jetzt auch nicht, wem das geholfen hat.
Damit kannst du jetzt machen, was du willst!
Gott schweigt einen Moment…
Dann sagt Gott schließlich:
Du hast es dir hier echt bequem gemacht Jonah, hier drinnen…
Und ich verstehe das auch! Ist ja auch gemütlich hier. So ein Raum ohne Konsequenzen. Ein Raum, in dem du alleine für dich verantwortlich bist. Ganz anonym sein kannst. Dich nicht auseinandersetzen musst. Dich nicht verpflichten musst. Ein Raum, in dem du nicht mal ansprechbar bist. Vielleicht sogar ein Raum, in dem das alles ganz abstrakt sein kann.
Und Jonah so:
Du meinst das habe ich nicht verdient?
Und Gott so:
Geht es darum?
Und Jonah schweigt…
Und Gott so:
Willst du überhaupt auch mal wieder raus hier? Willst du eigentlich noch zurück zu den Menschen? Willst du auch mal wieder nicht-alleine sein?
Und Jonah so:
Alter deine Haltung kotzt mich gerade an!
Und Gott so:
Ich liebe dich…
Und Jonah so:
…